Die Durchwachsene Silphie (Silphium perfoliatum) ist eine in Nordamerika beheimatete Pflanzenart aus der Familie der Korbblütler (Asteraceae). Durchwachsene Silphie ist eine ausdauernde und mehrjährige Pflanze, die aufgrund ihrer großen Biomasseproduktion als Energiepflanze angebaut werden kann.
Aus dieser treiben ab dem 2. Standjahr ab April bis Mai 2-3 m hohe, vierkantige Stängel, die mit ungeteilten lanzettlich gegenständigen, an der Basis zu Bechern verwachsenen Blättern besetzt sind. Jede Pflanze bildet jährlich 5-10 Stängel. Die Blütezeit dauert von Anfang Juli bis Ende September. Die leuchtend gelben ca. 6-8 cm breiten Blütenköpfe stehen einzeln und endständig. Die Samenreife beginnt im September und erstreckt sich bis Ende Oktober.
Die ökologischen Vorteile der Durchwachsenen Silphie sind in der ganzjährigen Bodenbedeckung und der damit verbundenen Verminderung der Erosionsgefahr zu sehen. Zudem wird die Pflanze von zahlreichen Insekten besucht und könnte künftig auch als Bienenweide stärker in Betracht kommen. Obwohl die Durchwachsene Silphie ursprünglich als Futterpflanze für Wiederkäuer und Kleintiere geprüft wurde, kommt sie gegenwärtig in Deutschland hauptsächlich als Koferment in Biogasanlagen zum Einsatz.
Wegen der imposanten Höhe von bis zu 3,50 m und den attraktiven Blüten eignet sich die Durchwachsene Silphie ebenfalls als Zierpflanze. Besonders in größeren Gärten, in der Nähe von Teichen, aber auch als Sichtschutz kann eine ansprechende Wirkung erreicht werden. Für eine wirtschaftliche Nutzung als Kofermentpflanze in Biogasanlagen geht man nach heutigem Kenntnisstand von mindestens 15 Jahren Nutzungsdauer aus.
Aus der Literatur und der privaten Nutzung sind deutlich längere Standzeiten bekannt.
Hervorzuheben sind ihre absolute Frosthärte und relativ gute Trockenheitstoleranz. Die Silphie kann problemlos in Höhenlagen > 700 m ü. NN bei Jahresdurchschnittstemperaturen < 6 ° C angebaut werden.
Am besten wächst sie aber auf humosen Standorten mit guter Wasserführung.
Bei der Flächenauswahl sollten folgende Prämissen beachtet werden:
Die Silphie stellt keine besonderen Ansprüche an die Vorfrucht. Raps, Sonnenblumen und Buschbohnen sollten aber nicht zuvor zum Anbau kommen. Als Nachfrucht ist Getreide geeignet, um eventuellen Durchwuchs bekämpfen zu können.
Ideal ist eine Herbstfurche.
Im Frühjahr ist ein mehrmaliges, möglichst flaches Bearbeiten der Fläche mit Saatbettkombinationen zu empfehlen, um aufgelaufene Unkräuter zu bekämpfen und weitere Samen zur Keimung anzuregen. Dabei sollte möglichst flach (3-5 cm) gearbeitet werden, um den Bodenwasserhaushalt zu schonen und die notwendige Kapillarität für die Silphieaussaat zu gewährleisten. Zur Aussaat ist ein abgesetztes, feinkrümliges, unkrautfreies Saatbett herzustellen. Zu lockerer Boden sollte vor der Saat gewalzt werden, um eine gleichmäßige und flache Ablage zu gewährleisten.
Ab Ende August bis Ende September reift das Saatgut folgernd.
Gegenwärtig wird es in mehreren Durchgängen ausschließlich von Hand geerntet. Das Saatgut hat eine TKM von 16-20 g. Naturelles Saatgut hat eine starke Keimhemmung und ist zur direkten Aussaat nicht geeignet, da maximal 10‑20 % der Samen keimen. Zudem entwickeln sich die Pflanzen im Jugendstadium nur langsam, so dass es bei einer Aussaat mit unbehandeltem Saatgut zu erheblichen Problemen durch mangelnde Konkurrenzkraft gegenüber Unkräutern kommen kann. Geeignete Vorbehandlungstechniken erhöhen die Keimfähigkeit auf 80-90 %. Die Vorbehandlung des Saatgutes erfolgt bei der Fa. N.L. Chrestensen und wird zeitnah zum Aussaattermin ausgeliefert.
Für eine sichere Bestandesetablierung sind folgende Punkte notwendig:
Saatzeit:
Saatstärke:
Sätechnik:
Saattiefe:
Mittel * | Anwendungszeitpunkt | Aufwandmenge | Verunkrautung |
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Boxer | Nachauflauf | 2,0 bis 3,0 | Mischverunkrautung einjährige zweikeimblättrige Unkräuter, einjähriges Rispengras, Ackerfuchsschwanz, Gemeiner Windhalm |
Lentagran WP | Nachauflauf | 2 x 1,0 | Mischverunkrautung einjährige zweikeimblättrige Unkräuter |
Gardo Gold | Nachauflauf, nicht vor 6-Blattstadium! Spritzschaden wird gut von Silphie überwachsen | 3,0 bis 4,0 | Spätverunkrautung mit einjährigen zweikeimblättrigen Unkräutern sowie Schadhirsen |
Fusilade MAX | Nachauflauf | 2,0 | Gräser, Quecken, Hirse, Windhalm |
Select 240-EC | Nachauflauf | 0,5 | Einjährige Problemungräser |
* vor der Anwendung des Herbizids muss eine §22 (2)-Genehmigung oder Zulassung vorliegen |
Eine konzentrierte und gesicherte Bestandesetablierung im 1. Jahr (Bodenvorbereitung, Aussaat und optimaler Pflanzenschutz, ggf. auch mechanische Pflege) ist die Voraussetzung nicht nur für hohe Erträge ab dem 2. Standjahr, sondern auch für einen geringen bzw. keinen Pflanzenschutz- und Pflegeaufwand in den Folgejahren.
Eine wesentliche Voraussetzung für die Erreichung hoher Erträge ist die optimale Versorgung der Pflanzen mit Makronährstoffen (N, P, K, Mg, Ca). Auch der Mikronährstoffversorgung kommt hohe Bedeutung zu. Insbesondere bei Dauerkulturen ist der Kalkversorgungszustand des Bodens zu beobachten und bei Bedarf zu kalken.
Die Ermittlung des Nährstoffbedarfs erfolgt im konkreten Fall für einen angestrebten Ertrag auf der Basis verschiedener Standort- bzw. Einflussfaktoren sowie auf der Grundlage der Bodenuntersuchungsergebnisse.
Vor der Anlage eines Silphiebestandes empfiehlt sich eine Bodenuntersuchung zur Feststellung des Versorgungszustandes. Zur Anlage ist die Nährstoffgehaltsklasse C bei P, K und Mg sowie pH-Klasse C herzustellen. Eine Düngung auf einen N-Sollwert von 100 kg/ha zur Saat bzw. Pflanzung ist ausreichend. Bei durchschnittlichen Nmin-Gehalten im Boden entspricht das in der Regel einer N-Düngergabe von 40-60 kg/ha. Diese kann mineralisch erfolgen, auch eine Einarbeitung von Gärrest bzw. Gülle vor der Saat/Pflanzung ist möglich. Eine Ausbringung organischer Dünger nach der Saat ist ungünstig, da es dadurch zu Verschlämmungen bzw. Verkrustungen der Oberfläche kommen kann. Außerdem können eingeschleppte Unkrautsamen bei oberflächiger Gülleausbringung besser keimen.
N-Düngung
Der N-Bedarf ist anhängig von der Ertragserwartung. Da die Silphie zur Bildung einer dt TM ca. 0,9 kg N benötigt, sollte in Abhängigkeit von den zu erwartenden Erträgen auf einen N-Sollwert von 120-150 kg N/ha aufgedüngt werden. Die mineralische Düngung sollte im zeitigen Frühjahr je nach Jahreswitterung von Ende März bis Ende April erfolgen.
Makronährstoffdüngung
Für eine optimale Pflanzenernährung und zur Erhaltung des optimalen Nährstoffversorgungszustandes des Bodens ist eine regelmäßige Düngung mit P, K und Mg erforderlich. Bei einem Ertragsniveau von 160 dt TM/ha ist mit jährlichen Entzügen von zu rechnen.
P = 25-30 kg/ha
K = 200-250 kg/ha
Mg = 50-70 kg/ha
Ca = 200-300 kg/ha
Diese können zu Vegetationsbeginn als Vorratsdüngung alle zwei bis drei Jahre ersetzt werden. Zur Kontrolle des Versorgungszustandes und zur Vermeidung unangemessener Düngergaben empfehlen sich im mehrjährigen Turnus Bodenuntersuchungen auf P, K und Mg sowie eine Analyse des pH-Wertes.
Organische Düngung
Eine organische Düngung mit Gülle oder Gärresten verträgt die Silphie gut. Eventuelle Beschädigungen der Schosstriebe durch die Überfahrten kompensiert die Pflanze problemlos.
Die optimale Zeitspanne für organische N-Düngung liegt zwischen Ende März und Mitte April. Zu frühe hohe Gaben können zu einer starken Bestockung sowie zur Bildung zahlreicher dünner Stängel führen, was letztlich die Lagerneigung erhöht und zu Problemen bei der Ernte führen kann.
In Versuchen hat sich die Applikation von 50 m³/ha Gärrest (z.B. vergorene Rindergülle) mit TS-Gehalten von ca. 6 % und 0,35-0,40 % N in der Originalsubstanz, was N-Gaben von ca. 80-100 kg/ha (MDÄ 60 %) entspricht, im April bewährt.
Tierische Schädlinge traten bisher in Beständen der Silphie nicht in ertragsrelevantem Umfang auf. Bei feuchten Witterungsbedingungen im Ansaatjahr ist jedoch unbedingt auf Schneckenfraß zu achten. Bei größerem Anbauumfang kann es in ungünstigen Jahren und in Abhängigkeit von der Vorfrucht zum Auftreten von Sclerotinia kommen. Sollte starker Befall auftreten, muss schnellstmöglich geerntet werden, um die Bildung von Dauerkörpern einzuschränken. Erfahrungsgemäß regenerieren sich die Bestände im Folgejahr.
Gut kann man die Durchwachsene Silphie als jährlich immer wiederkehrende Staude im Garten und an den Feldrändern als Sichtschmuck bzw. Sichtschutz einsetzen. Durch ihre lange Blühdauer von Juli bis September sind die leuchtenden wohlriechenden Blüten ein Sammelpunkt von Honigbienen, Hummeln und Schmetterlingen. Untersuchungen haben eine Produktivität von 0,35 Milligramm Nektar je Blütchen in 24 Stunden ergeben. Hochgerechnet ergibt das einen Honigertrag von 150 kg je Hektar.
Vorteilhaft ist weiter, dass der Honig kaum kristallisiert. Ebenfalls positiv wird der ungewöhnlich hohe Pollenanteil beurteilt.
In verschiedenen Gebieten hat man die Bestände durch ihr sehr zeitiges Schließen ab dem 2. Standjahr im Frühjahr als Rückzugsort vieler Tierarten, insbesondere auch des Niederwildes ausgemacht. Schwarzwild meidet im Herbst Silphiebestände, bedingt durch die rauhen Blätter. Besondere Bedeutung wird im Anbau dem Erosionschutz zugemessen.
Die Ernte der gesamten Pflanze erfolgt bei TS-Gehalten zwischen 24-28 %. Zu diesem Zeitpunkt tritt kaum noch Sickersaft aus. Je nach Anbauregion erreicht die Silphie dieses Stadium (Blühende/ Samenreife) Ende August bis Ende September, zeitgleich mit dem Silomais. Die Ernte kann deshalb gemeinsam mit dem frühem Silomais oder dem letzen Grasschnitt mit einem praxisüblichen Feldhäcksler erfolgen. Feines Häckselgut weist bessere Energieausbeuten auf. Bei der Ernte haben sich Schneidvorsätze mit Seitentrennmessern und Niederhaltebügel bzw. umlaufenden Kollektoren bewährt. Überfahrten mit schwerer Technik beeinträchtigen die Bestände auch bei ungünstigen Witterungsbedingungen nicht.
Nach der Ernte wird das Häckselgut unter Zugabe von Silierhilfsstoffen siliert. Das Erntegut weist eine gute Siliereignung auf. Erträge von ca. 130-200 dt/ha Trockenmasse können erzielt werden.
Die Silage der Durchwachsenen Silphie ist als Viehfutter bzw. Koferment für die Biogasanlage geeignet. Letztgenannte Verwertungsart wird gegenwärtig für landwirtschaftliche Biogasanlagen favorisiert. Eine Verwendung der Silage zur Fütterung von Schafen, Ziegen und Rindern sowie der Frischpflanze als Kleintierfutter für Kaninchen ist ebenfalls möglich. Die Methanausbeuten belaufen sich auf ca. 285 Nl/kg oTS. Daraus ergeben sich theoretische Methanerträge je Flächeneinheit etwa 10-15 % unter dem Niveau von Silomais.
TV-Beitrag des mdr "thüringen spezial" vom 17.8.2011
Ingo Klinkowski
N. L. Chrestensen Erfurter Samen- und Pflanzenzucht GmbH
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